Corona-Theatertagebuch – Woche 75



Montag:

Momentan brauche ich viel Schlaf. Auch wenn ich mir den Wecker regelmäßig recht früh stelle, schlafe ich dann doch noch locker immer eine Stunde länger.
Die Zeit seit Corona ist von so vielen Wechseln und von so häufigem Umgewöhnen begleitet, dass mein Körper nicht wirklich hinterher kommt. 

Das Wochenende war sehr erlebnisreich.
Samstag ging es für einen Tag nach Rostock, wo wir viel rumgelaufen sind, lecker gegessen haben, in der Kunsthalle und am Hafen waren und abends ewig in der Kälte auf den fast 2 Stunden verspäteten Flixbus gewartet haben.
Am Sonntag feierte dann meine Freundin Eva ihren Geburtstag im Biergarten. Irgendwie ist dieser Sommer ein Biergarten-Sommer, obwohl ich von mir aus nie in Biergärten gehe. Aber gut, unverhofft kommt oft.

Ansonsten habe ich ein bißchen das Gefühl, ich müsse jetzt noch ganz viele Dinge in Berlin erledigen, die ich sonst nicht schaffe. Dabei werde ich ja regelmäßig in Berlin sein und brauche jetzt nicht vor Schreck ausrasten und tausend Unternehmungen in die restliche Zeit quetschen.
Und während ich solche priviligierten Gedanken habe, geht derweil die Welt unter (Stichwort Afghanistan). Das Sprichwort "Es kann nur besser werden" kann man auf die Weltsituation schon lange nicht mehr anwenden. Schon seit Jahren gilt: "Es wird immer schlimmer werden." Wir können jetzt nur gucken, was wir für uns selbst und unsere Mitmenschen tun können. Wir werden auf dieser Erde zusammenrücken müssen. Empathie und Solidarität, Teamfähigkeit und kreatives Denken sind gefragt. Und auch wenn ich zurzeit müde und lustlos bin, so bin ich doch angesichts dieser geforderten Werte froh, genau diesen Job zu haben. Einen Job, der diese Werte fördert und die Menschen zueinander bringt.



Dienstag:

Der heutige Tag ist ein einziges Kommen und Gehen. Maler war da, ebay-Kleinanzeigen-Abholung etc. Zwischendurch Steuererklärung. Lieblingstätigkeit ... NICHT.

Und als wäre Corona nie gewesen, wird tatsächlich am Ende dieser Woche unsere aktuelle Grundlagenbildung zuende gehen und im Oktober eine neue beginnen. Heute abend hatten wir eine Basiswerkstatt für Interessierte. Diese fand online statt ... und hat somit doch eine neue Seite der Theaterpädagogik ins Spiel gebracht, die vor Corona so nicht wirklich existierte. Am 12. September findet noch eine analoge Basis-Werkstatt statt. Wer daran teilnehmen möchte, kann sich hier melden:
http://lagstb.de/
Die Fortbildung wird generell analog stattfinden, aber wir wollen den Teilnehmenden zusätzlich auch eine digitale Arbeitsweise näher bringen und ein paar wenige Termine online stattfinden lassen, weil wir finden, dass der Umgang mit digitalen Tools und die theaterpädagogische Arbeit im digitalen Raum wichtige Fähigkeiten sind, die mit in die Ausbildung gehören. 
Auch heute haben wir gemerkt, dass nicht alle mit Videochats vertraut sind – Pandemie hin oder her. Umso wichtiger, es mal kennenzulernen und auszuprobieren.
 
Und endlich ist mein Spielzeit-Magazin online!!!
Hier geht's entlang:
https://www.sarah-bansemer.de/magazin
 


Mittwoch:

Ein neues Tagesritual ist der tägliche Blick auf diese Website: https://www.rostock-webcam.de/. Besonders abends, wenn in Berlin die Sonne schon untergegangen ist. Dann geht sie in Rostock meist noch unter und der Himmel leuchtet in den schönsten Farben. Vorfreude!
 
Heute ist ein Unterwegs-Tag und die Wege in Berlin nerven mich zurzeit massiv. Nicht wegen der Strecke, sondern wegen der vollen Bahnen, der Menschen, die teilweise die Maske schon wieder unter der Nase tragen, der willkürlichen Busfahrzeiten, der Ersatzverkehre und und und.
 
Abends bin ich mit meiner Mittwochsgruppe im Wendenpark und wir spielen bis es zu dunkel ist, der Wind wild durch die Blätter rauscht. Richtig herbstlich und kalt ist es. Als wir kaum noch was erkennen können, brüllen wir immer noch "Za, Za, Za" durch den Park (ihr kennt das Spiel vielleicht als "Hi, Ha, Ho") und haben unser'n Spaß. Eine sehr lustige Truppe, mit denen die Arbeit viel Freude macht.



Donnerstag:

In unserer Wohnung ist es richtig kalt, so dass ich schon dicke Socken und Strickjacke anziehe. Kaum gehe ich raus auf den Kudamm, fange ich an zu schwitzen. Wie kann das sein???

Mit Vera bespreche ich das letzte Wochenende unserer Grundlagenbildung. Einen Projektbericht habe ich heute auch gelesen. Aber vor allem bin ich ab dem frühen Nachmittag wahnsinnig müde und mache früh Feierabend, denn bei den Vorspielern sind zu viele krank oder im Urlaub, so dass die Probe ausfällt.
 
 
 
Freitag:

Mal wieder ein terminfreier Tag – ausnahmsweise. Ich mache nicht viel, einfach weil ich mal Zeit zum Ausspannen brauche. Letzten Projektbericht für's Wochenende lesen und abends "Pose"-Bingewatching.



Samstag:

Die Auszubildenden der aktuellen Grundlagenbildung haben heute gemeinsam auf die Intensivphase zurückgeblickt und sich ihre eigenen Projekte gegenseitig vorgestellt. Das war berührend, und die Aura das Abschieds ist zu spüren. Gegen Ende des Tages haben wir Gespräche zu den Projektberichten geführt.
Ansonsten: Müdigkeit und rote Augen wegen Gräser-Allergie.
 
 

Sonntag:

Der letzte Tag mit unserer Gruppe! Es war wieder sehr berührend und emotional, ich hatte ab und zu Tränen in den Augen. Die Zeit mit der Gruppe habe ich sehr genossen und wünsche allen ganz viel Freude beim Umsetzen des Erprobten.

Gleichzeitig ist es ein weiterer Abschied. Nach der Aufgabe meiner Probenräume ist nun auch diese Fortbildung beendet.
Weitere Abschiede stehen noch bevor und ich bin froh, dass es einige Dinge und Menschen gibt, von denen ich mich nicht verabschieden muss – weil ich sie weiterhin regelmäßig sehen und sogar mit ihnen zusammenarbeiten werde.

Jetzt aber noch ein freier Abend. Morgen geht die Woche wieder mit voller To-Do-Liste los.

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