Mittwoch, 30. März 2016

Beruf Theaterpädagoge - #nichtwiedudenkst



"Ohne Handtasche keine Competition! - Ohne Partizipation keine Theaterpädagogik!" dachte ich, als ich beschloss bei der Blogparade vom Blog Büronymus teilzunehmen, in dem Lydia, die ich vom BarCamp Arbeiten 4.0 kenne, über Arbeit schreibt - die menschliche Seite der Arbeit.
Nun hat sie die Blogparade #nichtwiedudenkst ins Leben gerufen. Es geht um Jobklischees über den eigenen Beruf und deren Wahrheitsgehalt. Da musste ich natürlich dabei sein!

Also fragte ich meine Kunden nach Klischees über Theaterpädagogen.
 Die Antworten reichten von
"Ach, du bist Theaterpädagogin?"
bis
"Theaterpädagogik? Noch nie gehört."

Kurz: Es gibt bei der "normalen Bevölkerung" anscheinend keine Klischees über Theaterpädagogen. Viele wisssen ja gar nicht, dass wir existieren (obwohl sie gerade in einem von einer Theaterpädagogin geleiteten Kurs sitzen) - geschweige denn, was wir eigentlich tun.;)

Aber ohne Klischees macht die Blogparade ja keinen Sinn. Deshalb hier einige Klischees aus eigener Hand - zusammengestellt aus Gesprächen über und Nachfragen zu meinem Beruf:


1. Theaterpädagogik ... das ist doch irgendwas mit Kindern, oder?


JEIN! Klar, Theaterpädagogen arbeiten sehr oft mit Kindern. Aber auch mit Erwachsenen und Jugendlichen. Theaterpädagogik ist nicht an eine Altersgruppe gebunden.


2. Theaterpädagogen meinen ja, dass JEDER Theater spielen kann ... ich weiß ja nicht ...



YES! Denn es geht uns nicht darum, dass jemand ein super Schauspiel-Talent ist, sondern um alle positiven Effekte, die das Theaterspielen auf einen Menschen hat:

es hilft, die eigene Persönlichkeit zu erweitern, Ängste abzubauen, das Selbstwertgefühl zu steigern und kreativ schaffend tätig zu sein.


3. Theaterpädagogen machen doch nur Laientheater.

NUR? Laientheater heißt Theater mit Laien. Also mit allen, die keine Fachkenntnisse im Schauspiel haben. Aber auch die können (und sollten ;) ) Theaterspielen. So wie viele in ihrer Freizeit Sport treiben, auch wenn sie keine Leistungssportler sind (Warum heißen die eigentlich nicht Laiensportler?).
 Und sobald man Fachkenntnisse hat, ist man schon Amateur, so einfach geht´s.

Nebenbei: Laientheater ist für den Zuschauer meist sehr beglückend, denn der Enthusiasmus, mit dem die Spieler auftreten, ist sehr groß - weil sie mit absoluter Leidenschaft dabei sind.


4. Theaterpädagogen sind Schauspiellehrer, oder?

NO! Zumindest meistens nicht. Schauspiellehrer sind Schauspiellehrer und Theaterpädagogen sind Theaterpädagogen. Wobei letztere natürlich ihren Teilnehmern auch das Schauspielen beibringen. Aber in der Regel nicht auf einer Schauspielschule.


5. Och nee, Theaterpädagogen zwingen doch erwachsene Menschen zu Ringelpietz mit Anfassen und so ...

YES! Das tun wir! Mit Begeisterung! Und wir kriegen meist auch die störrischsten Teilnehmer dazu mitzumachen. Das tun wir nur zu ihrem eigenen Wohl.;) (und aus leicht sadistischen Motiven ... aber pssst ...)


Zusammengefasst: Theaterpädagogen machen mit Laien Theater.

Wo denn und mit wem genau?
Theaterpädagogen arbeiten in ganz unterschiedlichen Bereichen:

  • In Schulen, Kindergärten oder Jugendclubs leiten sie Kinder- & Jugend-Theatergruppen, unterrichten das Fach Darstellendes Spiel oder Theater-AGs, geben Workshops und Kurse oder nutzen als Erzieher einfach nebenbei Theatermethoden in ihrer Arbeit
  • Sie arbeiten an (staatlichen) Theatern und bieten dort begleitende Workshops zu den Inszenierungen an - für Schulklassen und andere Theaterbesucher. Zudem leiten Sie dort auch oft Jugend- oder Seniorentheatergruppen oder einzelne Theaterprojekte, in denen interessierte Amateure in einer Inszenierung mitwirken und auch direkt im Theater auftreten.
  • Sie arbeiten in Therapieeinrichtungen, Krankenhäusern, Altersheimen ...
  • Sie arbeiten im Bereich Unternehmenstheater oder als Coaches / Trainer.
  • Einige arbeiten im Freizeitbereich und bieten Kurse, Workshops und Theatergruppen an, in denen Interessierte mitwirken können - Kinder, Jugendliche oder Erwachsene.
Dies ist eine Auswahl der Tätigkeitsbereiche, aber die Möglichkeiten sind vielfältig und quasi fast grenzenlos.

Theaterpädagogen leiten Theaterübungen an, vermitteln Wissen über Theater, sind Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Pädagogen, Vernetzer, Coaches und Organisatoren, sind für Technik, Bühnenbild, Kostüme, Requisite, Wohlbefinden, Glückseligkeit, Trost und die passende Stimmung verantwortlich.


Warum?
Ganz einfach: Es werden Körper, Geist und Persönlichkeit geschult, sowie Teamgeist, Selbstbewusstsein und Offenheit aufgebaut. Zusätzlich spiegelt Theater in ganz einzigartiger Weise den Alltag und unser Leben wieder. Wir erleben eine andere Realität, in der wir neue Rollen ausprobieren, uns hinterfragen und andere Seiten an uns entdecken können.


Im Gegensatz zu klassischen Trainings oder Coachings geschehen diese Effekte nebenbei, während die Teilnehmer denken, dass sie einfach zusammen nur alberne Spiele spielen oder ein Theaterstück einstudieren.

Theaterpädagogen sind halt Trickser.;)

Dienstag, 15. März 2016

"Menschen im Hotel" - Vaganten Bühne

Theaterbesuche können manchmal ganz besondere Erlebnisse sein. Gelegenheiten, in andere Welten einzutauchen und neue Orte zu entdecken. Manchmal ist das Zuschauerlebnis einzigartig.
In "Menschen im Hotel", einer Inszenierung der Vaganten Bühne nach einem Roman von Vicki Baum, treffen alle diese Punkte zu.
Die Inszenierung ist eine Kooperation mit dem Hotel Savoy gleich in der Nähe. Somit überrascht es nicht, dass die Zuschauer erst in der Vagantenbühne im Zuschauersaal sitzen und sich wenig später in einem echten Hotelzimmer wiederfinden. In kleineren Gruppen begleiten die Zuschauer die einzelnen Figuren und erleben so einen Teil ihrer Geschichte. Später wechseln sie in ein anderes Zimmer und lernen eine der anderen Figuren kennen ... bis irgendwann jeder Zuschauer alle Teile der parallel laufenden Geschichten gesehen hat.
Nicht nur die Gelegenheit, durch das Hotel Savoy zu gehen, dabei leise zu sein, auf dem Bett in Greta Garbos Zimmer Gummibärchen zu essen oder Gespräche auf dem Hotelbalkon zu belauschen, macht diese Inszenierung interessant ... für mich waren es vor allem die vielen kleinen feinen Momente der Ruhe, die zarten Augenblicke der Intimität und der Träumerei, an denen ich teilhaben durfte:

Der Moment, wenn die Figur Otto Kringelein sein Fenster öffnet und die kühle Nachtluft in das Zimmer strömt, ich die Lichter von draußen sehe und die Autos vorbeifahren höre.

Der Moment, wenn er sich ins Bett legt, sein Licht ausmacht und ich in einem dunklen, stillen Hotelzimmer sitze.

Der Moment, wenn die Figur der Grusinskaja vor mir auf dem Boden hockt, ihren Kopf unglücklich an das Bett gelehnt.

Der Moment, wenn ich zum Gesang des Stubenmädchens aus dem Panoramafenster auf den Berliner Westen schauen kann.

Als das Stück zu Ende ist, reden wir darüber, wir kritisieren auch, teilweise manche schauspielerischen Leistungen, Schwierigkeiten der Technik, Überlängen und ein alterndes Publikum.
 Aber ich merke immer wieder: darum geht es nicht.

Es geht um´s Einlassen auf eine Poesie. Dieses Einlassen braucht Konzentration, Abschalten und auch eine Fähigkeit des Ausblendens. Aber wenn man es schafft, kann ein Theatererlebnis eine wunderbare Erinnerung werden und uns unvergessliche Momente bescheren.


Neulich auf Facebook ...

... teilte ich einen Post, in dem ich Männer für den neuen Kurs Gruppendrang suchte, auf einer Facebookseite für Theateraktivitäten in Berlin.
Damit die Leute nicht ewig auf meiner Website suchen müssen, schrieb ich alles Wissenswerte dazu, also wann und wo die Proben stattfinden, wann die Aufführungen geplant sind und wieviel der Kurs kostet.
Daraufhin schrieb ein junger Mann als Kommentar darunter:

"Bitte meldet euch nicht! Das ist ja wohl das aller letzte, dass man für Theater spielen auch noch zahlen muss. Sowas darf nicht unterstützt werden."

Es war nicht das erste Mal, dass einer meiner Posts auf diese Weise kommentiert wurde. Und es wird auch nicht das letzte Mal sein.

Facebook ist ein Hort negativer Energie (auch gern "Hatebook" genannt) - das ist nichts neues, überrascht einen aber immer wieder kalt von hinten. Nach intensiveren Erfahrungen mit bösen Facebook-Kommentaren bei meinem Solo-Projekt "The Lost Companion" war ich sehr vorsichtig und haderte, ob ich antworten oder es einfach unkommentiert stehen lassen soll.
Aber mich wurmt immer wieder, dass viele Menschen erwarten, dass Theaterarbeit kostenlos stattfinden soll. Gerade junge Menschen, die gewohnt sind, dass es für sie so viele kostenlose Theaterspielangebote gibt. Und das ist auch absolut richtig so, denn Theaterspielen ist eine tolle Möglichkeit, sich kreativ auszudrücken und seinen eigenen Charakter zu entwickeln, sich zu verändern, offener zu werden. Und da junge Menschen meist noch in Ausbildung sind, ist es super, dass sie diese Möglichkeiten kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen.
Dass die Theaterpädagogen, die diese Projekte leiten, jedoch von einer weiteren Instanz bezahlt werden oder Projektanträge stellen, um eine Bezahlung für ihre Arbeit zu erhalten, ist einigen nicht bewusst. Eine qualifizierte Fachkraft, die Geld in eine adäquate Ausbildung gesteckt hat, möchte für ihre Arbeit genauso entlohnt werden wie alle anderen auch - verständlicherweise.
Also schrieb ich doch etwas zurück:

"Es ist ja auch keiner gezwungen sich zu melden.:) Es steht doch jedem frei, ob er für Theaterspielen bezahlt oder nicht. Aber deinen Tonfall finde ich recht aggressiv. Fitness- oder Tanzkurse bezahlen Teilnehmer ja auch selbstverständlich. Wieso sollte man für einen Theaterkurs dann nichts bezahlen?"

Es war klar, dass er das nicht unkommentiert lassen konnte:

"Daher bitte ich drum, sich da nicht zu melden, ist mir schon klar das keiner gezwungen ist. Das musste einfach sein. Es gibt Durchhaus Theatergruppen, die mit Leidenschaft und ohne Geld bezahlen, theaterapielen. Fitness oder Tanzkurse sind mit Theater nicht zu vergleichen, sry aber da hast du was missverstanden. Mein Tonfall kannst du überhaupt nicht beurteilen, weil wir uns im sozialen Netzwerk befinden. Aggressiv auch schonmal gar nicht. Nun gut, Hauptsache ich bin es los. Wer Theaterspielen möchte, wird es sogar kostenlos finden, bin mir sicher. Ich biete gerne meine Hilfe bei der Suche an."

Das war der Punkt, an dem ich es aufgab. Es gibt keinen Diskussionsspielraum, wenn eine Person Theater solch einen Sonderstatus einräumt. Fitness, Tanz und Theater sind durchaus vergleichbar. Ob jemand in seiner Freizeit nun Standardtanz oder eine neue Sprache lernt, ob er töpfert oder Theater spielt - es sind alles Hobbies. Und es gibt für alles sowohl Kurse mit Gebühr als auch kostenlose Angebote.
Dass jemand nach einem kostenlosen Angebot sucht, ist absolut verständlich. Dass es aber eine Frechheit sein soll, für ein Kursangebot Geld zu verlangen - das ist absolut unverständlich.
Denn eines stimmt garantiert nicht:  Keine Theatergruppe kann Theaterspielen ohne Geld zu bezahlen. Selbst wenn sie keinerlei Raum- oder Bühnenkosten haben, wenn sie keine Textbücher oder Kostüme kaufen - für irgendetwas geben sie garantiert Geld aus. Und wenn es nur eine Tafel Schokolade ist, die jemand zur Freude aller zur Probe mitbringt.;)
Doch in diesem Kommentar steckte auch der wahre Grund für seinen ersten Kommentar und generell für all das negative Feeling im Internet:
"N
un gut, Hauptsache ich bin es los." Genau das ist es, was all die negativen Kommentatoren antreibt: jemand anderes könnte Aufmerksamkeit bekommen und ihnen passt das nicht. Also MÜSSEN sie es runtermachen. Es ist ihnen ein inneres Bedürfnis.
Mit dieser Tatsache - mit dem Internet als Bashing-Zone - müssen wir leider leben.



Letztendlich war es Theaterpädagogin Lotte aus der Gruppe GROBKOST (enstanden im ersten Gruppendrang-Kurs), die mir mit ihrem Kommentar darunter den Tag versüßt hat:

"
Also, ich finde Sarahs Geschäftsidee klasse, und bei uns hat es funktioniert: Sie hat einer neuen Theatergruppe auf die Sprünge geholfen. Danke Sarah :)"

Und auch Bea Ellinger, ebenfalls Theaterpädagogin, hinterließ einen Kommentar:

"
Also ich bin auch Theaterpädagogin und auch in meinen Projekten bezahlen die teilnehmenden. Immerhin erbringen wir ja auch eine Leistung!!!"

In diesem Sinne plädiere ich für mehr Freundlichkeit im World Wide Web und für Theater als ernstzunehmende Dienstleistung! 

#smilestorm

Freitag, 4. März 2016

Neue Theatergruppe in Berlin - Gruppendrang #3

Die Zeit rennt, die Zeit rennt. Schon fast ein Jahr ist es her, dass der letzte Gruppendrang-Kurs startete, die Gruppe Spielschauer steht nun auf eigenen Beinen. Sie sind ein super Team geworden und ich bin gespannt auf ihre nächsten Projekte. Ich freue mich, weiterhin ab und zu als Coach dabei zu sein, in aufregenden Momenten Händchen zu halten, Tipps zu geben und bei Problemen als helfender Blick von außen draufzuschauen.

Und nun beginnt Gruppendrang #3, in dem eine neue Theatergruppe entsteht. Die nächsten beiden Montage sind Schnuppertermine für alle neuen Interessenten.

Ich bin wahnsinnig gespannt auf alle neuen Gesichter und darauf zu sehen, was für eine Gruppe entsteht, wo ihre Interessen liegen und was für neue Ideen, Gedanken und Taten im nächsten Dreivierteljahr zusammenkommen.

Willst du auch dabei sein? Dann schau mal hier: http://www.sarah-bansemer.de/theater/theatergruppen