Liebesbriefe an Serien: "Doctor Who"
Liebstes "Doctor Who",
Noch ganz genau erinnere ich mich an den Moment, an dem ich dich kennengelernt habe. Vor über zehn Jahren feiertest du dein 50-jähriges Jubiläum (ja, du bist eine sehr alte Serie!) und mein Mann und ich waren für ein paar Tage im Urlaub in London. Abends saßen wir in unserer Ferienwohnung, schalteten den Fernseher ein und es lief eine Sendung zum Jubiläum. Ich war gerade aus der Dusche gekommen und stand – noch in Handtücher gehüllt – mind. zehn Minuten einfach im Türrahmen und habe gelauscht. Es wurden nur Ausschnitte gezeigt, aber ich war gefangen. Gefangen von einer Serie, die schon so lange im Fernsehen läuft und soviel durchgemacht hat.
Zurück in Berlin begannen wir mit "New Who", also allen Staffeln, die seit 2005 liefen. Zwischen den 1980er Jahren und den 00er-Jahren warst du nämlich – unterbrochen von einem Film – sehr lange im Dornröschenschlaf. Den hast du glaube ich auch gebraucht, um dich neu zu erfinden und uns mit frischem Geist mitzureißen. Und WIE du mich mitgerissen hast! So sehr, dass ich sogar ein Solo-Theaterstück geschrieben hab, inspiriert und angelehnt an dich.
Ich will ehrlich sein: von deinen alten Staffeln habe ich nur einzelne Folgen gesehen. Die damalige Sehgeschwindigkeit war eine andere, und auch wenn viele Folgen durchaus charmant sind, ist es doch schwierig, sich für lange Zeit (es sind sooo viele Folgen) auf dieses langsame Tempo einzulassen.
Du zeigst uns einen Reisenden, einen Timelord. Er ist ein Alien (mit menschlichem Äußeren), das mit seinem Raumschiff durch Raum und Zeit unterwegs ist. Eigenartigerweise hauptsächlich auf der Erde, bevorzugt in Großbritannien ... was aber natürlich daran liegen könnte, dass du eine britische Serie bist, nicht wahr?! ;)
Meist hat dieses Alien mit dem Namen "The Doctor" noch mindestens ein(e) Begleiter:in mit an Bord seines Raumschiffs ("T.A.R.D.I.S." genannt). Zusammen erleben sie mal auf fremden Planeten, aber eben meist auf der Erde in unterschiedlichen Zeitaltern unterschiedliche Dinge.
Als Familien-Serie geht es bei dir immer auch um moralische Werte, um Menschlichkeit und Vorbild-Funktion. Deshalb liebe ich dich so sehr. Auf eine einfache und wunderschöne Weise stellst du ein Idealbild dar, was ein Vorbild für's Leben ist. Man möchte entweder der Doctor selbst oder seine Begleitung sein.
Mit dir habe ich soviel durchgemacht. Du raffiniertes Ding hast dir damals, in den 1960ern, mit einem Hauptdarsteller, der irgendwann erste Demenz-Symptome zeigte, überlegt, dass du deine Hauptdarsteller einfach austauschst. Der Doctor stirbt nicht, sondern er regeneriert in einen neuen Körper. Und das schon seit Generationen. Mittlerweile hast du den 14. Doctor. Du bist unglaublich!
Regelmäßig schickst du mich durch emotionale Achterbahnen. Ich habe so viele Stunden geweint – vor Glück, vor Freude, vor Trauer und zum Abschied. Immer wieder zum Abschied, denn es gibt so viele Abschiede bei dir. Doch anschließend geht es immer neu weiter. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, das wissen wir ja.
Du bist die obsessive On-Off-Beziehung, die nie richtig funktionieren wird, weil die andere Person zu freiheitsliebend ist, aber gleichzeitig so unglaublich anziehend und perfekt und großartig, dass man sich immer wieder und wieder emotional darauf einlässt, sich verletzen lässt und wieder neu verliebt. Ein ewiger Kreislauf, mit unterschiedlichsten Phasen. Manchmal schläft diese Beziehung vor Erschöpfung ein bißchen ein, wird langweilig. Aber was soll ich sagen: "Doctor Who" ist wie Sex oder Pizza. Auch wenn's schlecht ist, ist es immer noch "Doctor Who".
Danke! Ich liebe dich!
Deine Sarah
Steckbrief
Titel: "Doctor Who"
Erscheinungsjahr: 1963
Staffeln: bisher 40 + viele Specials + 1 Film
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=XauhD19J7Rc (New Who ab 2005)
Lieblingsfiguren:
- The Doctor
- Captain Jack
- The Master & Missy
- Rose
- Donna
- Wilf
- Bill
- ... und viele mehr
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