Corona-Theatertagebuch – Montag, 29. Juni 2020


8:50 Uhr:

Ein sehr heißes, aber entspanntes Wochenende liegt hinter mir. Ich habe geschwitzt und ständig in einer Badewanne voll kaltem Wasser gesessen.
Dennoch habe ich am Samstag an einem kurzen Webinar der "Storydealer" teilgenommen. Bei Hans Geisslinger hatte ich vor einigen Jahren ein Ausbildungswochenende und war gleich hin und weg. Wenn dieser Mann spricht, ist jeder Satz ein philosophisches Tor, ein menschliches Regelwerk und eine perfekte Definition unserer Realitäten und Erfahrungen. All das gleichzeitig. Ich höre ihm einfach gern zu. In dem Webinar haben sie über die Arbeit der Storydealer gesprochen und ich habe einfach nur gelauscht und mitgeschrieben. Mein Lieblingssatz:
"Nur was in der Lage ist scheitern zu können, hat am Ende einen Wert."

18:55 Uhr:

Jetzt bin ich wieder zuhause am Rechner. Das schöne an der Theaterarbeit ist, dass man auch manchmal in Bus und Bahn gut arbeiten kann. Also habe ich unterwegs die nächste Vorspiel-Probe und meinen Aufbau-Workshop "Machtspielchen II" (für den es übrigens noch Plätze gibt!) geplant sowie den Text für die erste Mail der Email-Challenge "Theater & Ich" geschrieben.


19:33 Uhr:

Ich habe dieses Wochenende gemerkt, wie bestimmte Jahreszeiten für mich durch bestimmte Events und markiert sind. Der Sommer war immer definiert durch das Kochen großer Mengen Zitronensirup (für Eistee), durch das Aufstellen unseres Badezubers auf dem Balkon, durch die Beitragsrückzahlung der Krankenversicherung :D und vor allem durch den Pride Month bzw. den Berliner Christopher Street Day und das Schwul-Lesbische Straßenfest in der Motzstraße. Bis jetzt ist dieses Jahr noch keines dieser Events passiert und irgendwie fehlt das, um den Sommer als Sommer zu akzeptieren. Durch Corona geht eine Jahreszeit in die andere über und das einzige, was sich ändert, ist die Temperatur. Natürlich will ich noch Zitronensirup kochen und den Zuber aufstellen (er muss erstmal repariert werden). Die Beitragsrückzahlung wird auch noch kommen. Aber mit vielen, vielen tausenden Menschen auf der Straße tanzen und Sichtbarkeit feiern – das kann ich dieses Jahr nicht. Das ist in der momentanen Lage auch richtig so, aber trotzdem hat es mir gefehlt.


20:06 Uhr:

Es gibt übrigens neue Lockerungen in Berlin: Anwesenheitslisten nur bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen und das Hygienekonzept muss vorhanden und bei Verlangen der zuständigen Behörde vorgezeigt werden. Was ich so interpretiere, dass man es nicht einreichen muss, wenn nicht danach verlangt wird.


22:10 Uhr:

Ein kollegialer Austausch mit dem Hauptthema Gebärdensprache. Das fand ich großartig, da ja in wenigen Wochen mein Kurs beginnt.

Feierabend.

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