Corona-Theatertagebuch – Sonntag, 26. April 2020


15:24
Uhr:

Gestern habe ich nicht gearbeitet und hatte nichts zu erzählen. Deshalb gab es keinen Tagebucheintrag.

Heute aber.
Ich habe lange mit mir gehadert wie ich mit den Kursen umgehe, die bald starten würden. Für den 6. und 13. Mai waren Schnuppertermine für einen neuen Theatergruppenkurs geplant. Der Theatergruppenkurs ist mein "großer" Kurs, er geht etwa ein Jahr. Wer sich dafür anmeldet, geht eine Verbindung ein – mit mir, mit den anderen Teilnehmenden und dem gemeinsamen Ziel einer Inszenierung.
Um genügend Teilnehmende zu finden, braucht es immer mindestens zwei Termine, meist sogar eher vier bis fünf. Mein erstes Angebot an die Schnuppertermin-Interessierten war ein Online-Kursstart, aber da kamen zu wenig Rückmeldungen. Ein paar waren bereit, bei einem Online-Schnuppertermin dabei zu sein, worüber ich mich sehr gefreut habe. Aber es waren leider viel zu wenig, um irgendwie eine Gruppe starten zu können. Von den anderen kam gar keine Rückmeldung.
Mein "kleiner" Kurs ist der Basiskurs. Er besteht aus 12 Terminen, in denen die Teilnehmenden durch viele Übungen und die Inszenierung kurzer Dialog-Szenen einen Einblick ins Theaterspiel erhalten. Der aktuelle Basiskurs wäre eigentlich Mitte Mai zu Ende gewesen und der neue Kursstart war für Ende Mai geplant. Dafür hatten sich auch schon Interessierte angemeldet. Der aktuelle Kurs, mit dem ich grad mittendrin war, pausiert jetzt und wir warten gemeinsam ab. Aber was ist mit dem Folge-Basiskurs Ende Mai?
Ich war lange untätig, hatte nur alle informiert, dass sich alles verzögert. Aber ich habe gemerkt, dass mich das nervt, mich total nervös macht, dieses Jonglieren mit Eventualitäten.
Vorhin hatte ich dann keine Lust mehr darauf und habe einfach alle Schnuppertermine gestrichen und allen Interessierten abgesagt. Ich habe wieder drei Möglichkeiten für die schon bezahlten Beträge in den Raum gestellt: Rückzahlung, Gutschrift oder Spende.
Ich fühle mich jetzt schon freier. Ich möchte geklärte Verhältnisse und für mich selbst Planungsfreiheit. Es ist schon eigenartig genug, gerade zwei pausierende Kurse zu haben, die jeweils auf eine Weiterführung nach der Krise warten. Mit noch mehr Kursen in einer Art Warteschlange werde ich kirre.
Es macht mich gleichzeitig auch ein bißchen traurig, so einen Cut zu machen. Ich bin jemand, der wahnsinnig gerne plant, weit im Voraus. Das ist gerade nicht möglich und hat mich die letzten Wochen hibbelig gemacht ... im negativen Sinne.
Ich freue mich ehrlich gesagt auf den Moment, wenn ich alle Rücküberweisungen getätigt und damit noch ein bißchen mehr Handlungsfreiheit gewonnen habe. Und ich freue mich auf alle neuen Kurse und Projekte und alle Neu-Anmeldungen.


19:42 Uhr:

Ich habe Schauspielübungen gemacht. Wieder Margolis Method. Ich bin Fan. Ich merke, dass mir die Konzentration auf die Übungen sehr schwer fällt, aber genau das ist die Herausforderung. Mich auf mich und meinen Körper zu konzentrieren. Die 18-20 minütigen Übungseinheiten haben genau die richtige Länge für mich.


12:46 Uhr:

In wenigen Minuten beginnt die Online-Lesung "Texte von gestern", bei der Vorspielerin Andrea Hansen mit auftritt.
Feierabend.

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