Corona-Theatertagebuch – Samstag, 18. April 2020


19:35
Uhr:

Heute einfach mal ein Bericht am Ende des Tages.
Der Tag gehörte der Grundlagenbildung der LAG. Dieses Wochenende gibt es eine Gast-Dozentin (Karolin Wunderlich) mit dem Thema "Digitalisierung & Theaterpädagogik". Auf dem Bild seht ihr, was Digitalisierung für mich persönlich bedeutet: das Tor in Welten, die ich sonst nie betreten würde – online, offline, auf und außerhalb der Erde.

Viele interessante Gedanken und Sätze fielen heute.
Die Theatersituation wird nie wieder so sein wie vorher. Allein schon, weil Theater sowieso stets im Wandel ist. Wir Theaterpädagog*innen sind dafür da, diesen Wandel mitzubegleiten, flexibel zu reagieren und Raum für die Veränderungen und die damit verbundenen Emotionen und Ideen zu bieten.
Der schönste Satz war für mich:
"Wenn wir nicht wissen, was kommt, haben wir alle Möglichkeiten."
Momentan sind sehr viele in einer Art Trauerphase. Diese Krise, die anfangs wie eine kurze Unterbrechung bzw. ein Stillstand vom Alltag erschien, den man einfach abwarten muss, hat viel stärkere und größere Auswirkungen. Sie dauert deutlich länger als wir gedacht hatten und alles, was in den nächsten Wochen und Monaten wieder stattfinden kann, wird anders sein. Vorsichtiger, unter Schutzmaßnahmen.
Was die meisten vermissen, ist das sinnliche Erleben. Die digitale Welt bedient nicht alle unsere Sinne, manche sind ausgeklammert. Die Frage ist: Wie kann man diesen Moment des Daseins und der Sinnlichkeit online bringen? Genau mit dieser Frage sollten wir uns jetzt beschäftigen.
Für mich ebenfalls wichtig: Wie schaffen wir digital eine nachhaltige (!) emotionale Verbindung zueinander?

Im Gespräch mit Karolin haben wir auch wieder gemerkt, wie verdammt wichtig es ist, uns nicht als Konkurrenz, sondern als Kolleg*innen zu sehen. Gerade unter Theaterpädagog*innen herrscht oft so starke Konkurrenz, dabei ist das unsinnig, weil wir alle verschieden sind und verschieden arbeiten. Jede*r von uns hat eine eigene Lieblings-Zielgruppe, arbeitet vielleicht nur mit Kindern oder nur mit Erwachsenen. Jede*r von uns hat eine ganz eigene Arbeitsweise, setzt ganz unterschiedliche Schwerpunkte. Jede*r von uns hat andere Werte, die in der eigenen Arbeit und den Teilnehmenden gegenüber gelebt werden. Und das wichtigste: jede*r von uns ist ein ganz anderer Typ Mensch. Es gibt so viele Menschen, die nie meine Kund*innen werden, weil wir nicht zueinander passen. So wie ich mich ja beispielsweise auch nicht bei jedem Arzt/jeder Ärztin gleich wohl fühle. Wir alle haben Präferenzen, kommen mit bestimmten Menschen besser klar als mit anderen. Wie praktisch, dass auch wir Theaterpädagog*innen so verschieden sind. Bitte lasst uns einander mehr unterstützen, mehr netzwerken. Wir müssen dabei die Arbeitsweisen unserer Kolleg*innen nicht supertoll finden, sondern einfach als Vielfalt begreifen. Und uns vor allen Dingen auch mal selbst eingestehen, wenn es mit einem anderen Menschen nicht passt – und vielleicht die Person woanders hin empfehlen.

Super-Gau des Tages: Das Glas meines Handydisplays ist kaputt gegangen beim Sturz des Handys auf die Badfliesen. Jetzt google ich, wie man das Display austauscht. Habe schon rausgefunden, dass es viel schwieriger ist, nur das Glas auszutauschen.

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