Corona-Theatertagebuch – Montag, 13. April 2020


9:10 Uhr:

Eigentlich wollte ich gestern Tagebuch schreiben, aber dann habe ich gemerkt, dass ich gar nichts zu erzählen habe.
Ich hatte die letzten zwei Tage viele Ideen, wie ich einen Onlinekurs umsetzen könnte, habe mir Workbookdesigns angeguckt und denke, dass ich mich da bald mal ransetzen werde.

Heute scheint die Sonne nicht, es ist grau und regnerisch. Der perfekte Tag, um erstmal ein Bad zu nehmen ... und dann schauen wir weiter.


10:02 Uhr:


Weiterbildung ist dran! Ich nehme mir drei Links vor, die ich mir gespeichert habe: ein Seminar-Mitschnitt zum Thema "Improunterricht online" von Elana Fishbein und zwei Textdokumente mit Übungsideen für Online-Workshops.

Mein Lieblings-Keramikstudio, in dem ich meine ersten Töpferkurse gemacht habe, bietet auf der Website an, Kurse im Voraus zu buchen und zu bezahlen, um dem Studio zu helfen. Merk ich mir vor.


13:06 Uhr:


Die Hälfte des Online-Seminar-Videos habe ich geschafft. Es ermüdet schneller, wenn man nicht direkt teilnimmt, sondern sich im Nachhinein die Aufzeichnung anschaut.

Ich habe viel darüber nachgedacht, warum ich Online-Workshops gerade so angenehm finde, während andere davon abgeschreckt sind. Ich glaube, es hat viel mit dem Persönlichkeitstyp zu tun. Als eher distanzierter Typ (ich beziehe mich auf's Riemann-Thomann-Modell) liebe ich es sachbezogen und unabhängig von anderen Menschen. Ich erschaffe gern große Dinge im Team, aber die zwischenmenschliche Kommunikation empfinde ich manchmal als anstrengend. Es ist wie ein Reservoir an Verständnis und Einfühlungsvermögen, dass sich in der Regel gut regelmäßig wieder auffüllt, damit ich anderen Menschen offen, fröhlich und gelassen gegenüber treten kann. Aber manchmal – wenn ich sehr viele Tage hintereinander mit großen Menschengruppen zu tun habe – ist dieses Reservoir irgendwann erschöpft. Dann werde ich ungeduldiger mit meinen Mitmenschen und merke eine innere Gereiztheit (was mich selbst nervt ... aber wir sind halt alle verschieden). Für mich ist es dann Zeit, mich zurückzuziehen und Zeit allein zu verbringen.
In der Online-Arbeit geht der Fokus etwas weg vom Zwischenmenschlichen hin zur Sache. Fokus, Konzentration und Effektivität sind gefragt und man kriegt durch Kameraverzögerung und den geringen Raum, den man sieht, etwas weniger Körpersprache und Stimmung mit. Man muss also über den zwischenmenschlichen Aspekt nicht soviel rumhirnen und nicht so oft darauf eingehen. Und ehrlich gesagt: Ich find das grad super. Für den distanzierten Persönlichkeitstyp ist das richtig entspannend.
Ich kann aber natürlich verstehen, dass es für nähesuchende Menschen der absolute Horror ist. Ich verstehe die Unruhe, die alle befällt, die Hibbeligkeit, die Sehnsucht nach Gemeinschaft. Den Teil gibt es in mir ja auch, auch wenn er vielleicht kleiner ist als bei einigen anderen.


14:11 Uhr:

Ein schöner Moment des Tages: in dem Seminar-Mitschnitt, den ich gerade gucke, hat mein Kollege, der live teilgenommen hatte, mich erwähnt (ohne meinen Namen zu nennen, aber ich wusste, dass ich gemeint war).😊


17:22 Uhr:

Ein neuer Blogartikel aus meiner Nachhaltigkeits-Reihe ist fertig und geht die nächsten Tage online. Fühle mich produktiv, obwohl der Artikel nichts mit Theater zu tun hat.


21:32 Uhr:

Der kollegiale Austausch fand heut nochmal ohne mich statt, aber ich finde es toll, dass die Gruppe sich auch heute am Feiertag getroffen hat. Freue mich darauf, nächsten Montag wieder dabei zu sein. Dann habe ich auch wieder mehr zu berichten.

Stattdessen war ich eben noch am Kudamm spazieren, der angenehm leer war.

Feierabend.


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