Fehler, die ich in der Teamleitung gemacht habe: #3 Zu viel Distanz































Vor kurzem startete ich eine Reihe über meine fünf größten Fehler in der Teamleitung, heute ist Fehler Nummer 3 an der Reihe:

#3 Zu viel Distanz


Letzte Woche erzählte ich, wie ich in meiner ersten Freizeittheatergruppe merkte, dass zu wenig Distanz ein Problem ist.
Im Laufe der nächsten Jahre merkte ich, dass zuviel Distanz ebenso hinderlich sein kann.

Ich wollte mehr als Autoritätsperson gesehen werden und begann mich mehr zu distanzieren. Dazu gehörte, dass ich die Teilnehmer meiner Kurse und Workshops hauptsächlich als Kunden sah.
Das mit der Distanz klappte meist gut, ich war neutral und freundlich zu allen, hatte aber privat keinen großen Kontakt und hielt mich auch von sozialen Gruppenevents außerhalb der Proben fern.

Mit der Zeit merkte ich, dass mir die Teilnehmer durch dieses Verhalten jedoch Stück für Stück entgleiten. Durch meine eigene Distanzierung, grenzte ich mich selbst zu sehr aus der Gruppe aus. Die Proben wurden automatisiert und es fehlte Herzlichkeit und eine Verbundenheit mit der Gruppe. Gab es Probleme, machte ich diese mit mir selbst aus anstatt mich in einer offenen Runde mit der Gruppe zusammenzusetzen.

Zurecht schwand mit der Zeit das Vertrauen der Teilnehmer. Ich war zwar noch die Leitung, aber die Leute begannen, Dinge untereinander zu klären.

Das eigentlich Fatale aber war: je mehr ich mich distanzierter, desto mehr schwand mein Interesse an der Gruppe. Wenn keinerlei Austausch auf privater Ebene stattfindet, geht das Zwischenmenschliche verloren - und somit der Spaß an der Arbeit.

Die Teilnehmer hatten den Eindruck, dass ich mich nicht für sie interessiere. Und das tat ich auch nicht. Ich hatte mich von ihnen teilweise zu sehr distanziert.
Aus Höflichkeit fragte ich natürlich ab und zu mal, wie es ihnen geht, aber eher weil es dazu gehört als aus eigenem Antrieb. Die Gruppe war für mich manchmal auf einem ganz anderen Planeten.

Zu den Aufgaben eines Gruppenleiters gehört neben fachlicher Leitung, Moderation und Input auch die Unterstützung. Der Leiter ist der Anker der Gruppe, der starke Baum, der den Winden trotzt, der Fels in der Brandung. Er ist die Person, die die Gruppe im Notfall durch die Krise führen kann. Vielleicht nicht ohne Schäden, aber zumindest so unbeschadet wie möglich.
Für diese Rolle muss jedoch ein Teil der "professionellen" Distanz weichen.

Es dauerte eine Weile, bis ich das wirklich begriff und die nächsten Jahre waren Jahre des Balance-Probierens. Nicht immer ist die Balance aus Nähe und Distanz perfekt, aber ich nähere mich meiner Art der optimalen Gruppenleitung so langsam an. Und ich freue mich auf alle weiteren Projekte, in den ich noch weiter üben kann.

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