Fehler, die ich in der Teamleitung gemacht habe: #2 Zu wenig Distanz


Letzte Woche startete ich eine Reihe über meine fünf größten Fehler in der Teamleitung, heute ist Fehler Nummer 2 an der Reihe:

#2 Zu wenig Distanz


Nach meiner Ausbildung zur Kaufmännischen Assistentin hatte ich den Wunsch, das Theaterspiel, das mich vorher immer wieder während der Schulzeit und auch durch die Theaterkurse meiner Mutter (sie ist Lehrerin für Darstellendes Spiel) begleitet hatte, wieder aufleben zu lassen.
Damals gab es noch StudiVZ und ich fand Gleichgesinnte, die Lust hatten, gemeinsam eine freie Theatergruppe zu gründen. Ich hatte keinerlei Erfahrung im Leiten einer solchen Gruppe, aber ich war schon immer Antreiberin und Organisatorin, also ergab es sich, dass dieser Bereich in meine Hände fiel. Es war eine reine Hobbygruppe und es entwickelten sich nach und nach Freundschaften. Doch wenn Freundschaften auf gemeinsame Zielerreichung treffen, kann es schwierig werden.
Ich wollte gern mit allen befreundet und gleichzeitig eine ernstzunehmende Gruppenleiterin sein. Konflikte waren in dieser Konstellation natürlich vorprogrammiert. Gleichzeitig mit den Teilnehmerin kuschelig sein und am nächsten Tag streng durchgreifen, führt zwangsläufig zu Irritationen.

Als ich dann einmal eine Entscheidung zugunsten der Gruppe, aber gegen das Interesse eines Individuums traf, eskalierte die Situation. Es gab eine lange Diskussion in der ganzen Gruppe und ich merkte, in was für einen schwierigen Posten ich mich manövriert hatte. Die Freundin wurde persönlich und sagte einen Satz, der dafür sorgte, dass mein Interesse an einer Versöhnung schwand. Dass diese Freundschaft nicht hielt, war in Ordnung, das passiert im Leben. Aber dass die Gruppe so nicht wirklich zu führen war, wurde mir immer klarer.

Durch diesen Anspruch an ein freundschaftliches Verhältnis innerhalb der ganzen Gruppe, wurde schnell klar, dass es schwierig würde, eine klassische Leitungsposition innezuhaben. In mir wuchs der Wunsch, einen professionellen Abstand zur Gruppe zu erlangen. Mit Beginn unserer Ausbildung zur Theaterpädagogin beschlossen meine Co-Leiterin (ebenfalls eine Mitspielerin der Gruppe) und ich, dass wir generell professioneller agieren möchten. Wir wollten die Gruppe auf ein neues Niveau heben, Theaterübungen und WarmUps zu Beginn der Proben einführen und die reinen Quatschrunden aus der Probenzeit auslagern. Ein Großteil der Gruppe stellte sich jedoch ganz klar gegen diesen Wunsch. Sie wollten die Lockerheit und Zwanglosigkeit beibehalten. Somit spaltete sich die Gruppe, ein Teil der Leute stieg aus und wir machten mit denen weiter, die Lust auf einen geregelteren Probenprozess hatten.

Die Schwierigkeiten mit der geringen Distanz wurden aber nicht leichter. Immer noch war ich mit den Teilnehmern, die verblieben waren, eng befreundet, es waren intime Freundschaften, in denen wir uns viel anvertrauten, was aber das Verhalten während der Proben erschwerte.

Ich musste während dieser Zeit mühsam lernen, dass in einer Leitungsposition eine gewisse Distanz zur Gruppe essentiell ist. Die Gruppe muss als Einheit für sich existieren, ich bin nur der Begleiter und Unterstützer. Je intensiver ich in die inneren Gruppendynamiken involviert bin, desto mehr verändert sich die Stimmung in der Gruppe und desto schwieriger ist es, Konflikte zu moderieren und die Gruppe durch Krisen zu führen.

Als ich dann anfing, beruflich in den Bereich einzusteigen, hatte ich automatisch eine distanziertere Position, aber anfangs Angst, mich überhaupt mit jemandem anzufreunden. Diese Angst habe ich im Laufe der Jahre abgelegt. Manchmal begegnen mir in meinen Kursen Menschen, mit denen ich sofort auf einer Wellenlänge liege. Und genau deshalb sind es auch Menschen, die durchaus zwischen mir als Privatperson und mir als Gruppenleitung und auch Dienstleisterin unterscheiden können. Ich achte darauf, private Themen nicht zu oft in die Gruppen zu tragen und ich wahre stets eine gewisse Distanz zu meinen Teilnehmern. Albern, offen, flapsig und enthusiastisch bin ich trotzdem. Darauf will ich auf keinen Fall verzichten!

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