Networking-Tipps für distanzierte Persönlichkeitstypen
Ein
Netzwerk ist gerade für Freiberufler und Selbständige extrem wichtig.
Über ein Netzwerk ist ein geschäftlicher Austausch möglich, die
Reichweite erhöht sich enorm, es können neue Kunden gewonnen werden und
man lernt Gleichgesinnte kennen, mit denen neue Projekte angegangen
werden können.
Ich habe das jahrelang ignoriert. Oder sagen wir eher: absichtlich ausgeblendet.
Aus
dem einfachen Grund, dass ich eher ein distanzierter Typ Mensch bin. Es gibt natürlich auch andere Persönlichkeitstypen, in der letzten Woche gab es dazu einen Blogartikel.
Ich bin eher auf der distanzierten Seite.
Ich tue mich schwer mit Smalltalk und starte ein Gespräch mit Fremden
gern auf einer sachbezogenen Ebene - wenn überhaupt. Ist die Hürde der
ersten Kontaktaufnahme gebrochen, fällt mir das Gespräch leicht.
Aber besonders die Überwindung, überhaupt an einem Netzwerkevent teilzunehmen, ist enorm hoch.
Fremde Menschen anzusprechen, finde ich einfach extrem schwierig, wenn es kein
Anliegen/Grund auf der Sachebene gibt, mit dem ich an die Person herantrete. Einfach so? Zum
Kennenlernen? Warum? Ihr seht, keine einfache Sache mit mir.
Aber natürlich weiß ich, dass
ein Netzwerk wichtig ist und deshalb hatte ich mir für dieses Jahr und
besonders für diesen Sommer vorgenommen, an Netzwerkevents teilzunehmen
und Neues auszuprobieren. Bis jetzt bin ich ziemlich gut dabei und suche mir immer wieder weitere Herausforderungen.
Mehrere Arten von Events habe ich
besucht und mal zusammengefasst, worin die Vor- und Nachteile für eher
distanziertere Charaktere liegen:
Barcamps
Schon letztes Jahr besuchte ich das Barcamp Arbeiten 4.0.
Dieses
Jahr war ich beim Barcamp Berlin und von dem neuen Input begeistert.
Natürlich war das Ansprechen anderer schwierig für mich. Also habe ich mich tapfer überwunden es natürlich auch nicht gemacht.
Ich
habe mich morgens einfach an einen der langen Tische gesetzt, mit
meinem Frühstück vor mir, und den Gesprächen um mich herum gelauscht.
Und gewartet. Und irgendwann hat sich eine junge Frau zu mir gesetzt und
mich angesprochen. Das war super!
So verlief auch der Rest des
Tages: Menschen haben mich angesprochen und so kam es zu einem
Austausch. Wenn ich dann schon jemanden kannte, war es easy für mich.
Das
Barcamp-Format ist für distanziertere Menschen nicht ganz leicht. Wer
nur Teilnehmer ist und in die Sessions als Zuhörer geht, kommt evt. nur
mit sehr sehr wenigen oder gar keinen Menschen ins Gespräch.
Aber für
uns distanzierte sachliebende Menschen gibt es ja die Möglichkeit
selbst eine Session zu geben. Vorteil hier: es wird dich danach mit
großer Garantie irgendeiner deiner Zuhörer ansprechen und mit dir in
Kontakt kommen. Zudem rückst du über die Sachebene in den Fokus. Durch
die morgendliche Vorstellung deiner Session stehst du vor allen auf der
Bühne, erzählst kurz von dir und jeder hat zumindest schon mal dein
Gesicht gesehen und eine Ahnung von deiner Tätigkeit. Bingo!
Fazit:
Als Sessiongeber ein Gewinn, als Sessionnehmer zwar informativ, aber
nicht gewinnbringend im Bezug auf´s Netzwerken. Die Ticketpreise liegen
zwischen 20 und 200 €, aber dafür ist es auch gleichzeitig auch immer
eine Art Fortbildung.
BNI - Business Network International
Jan Theofel, der Organisator des Barcamps Berlin lud mich als Gast zu einem BNI-Frühstückstreffen ein.
Darüber
schrieb ich einen Bericht und muss sagen, dass es networkingtechnisch
eine große Herausforderung ist. Wenn man selbst nicht so gern Leute
anspricht, tut man sich schwer, denn Selbstinitiative ist durchaus
gefragt. Als Gast wird man am Anfang mehreren Personen vorgestellt, das
ist toll, aber beim Networking im Anschluss an die große
Frühstücksrunde ist man auf sich allein gestellt.
Dafür hat man
die Möglichkeit, sich in der Runde als Gast mit einem
30-Sekunden-Elevator-Pitch vorzustellen. So wissen immerhin alle, was
man beruflich macht.
Ich hatte Glück und wurde danach von der lieben
Bettina Scheer angesprochen und bin nun als Dozentin bei der neuen
Speaker-Ausbildung von Norman Gräter und ihr dabei.
Fazit:
Einmal als Gast hinzugehen lohnt sich, durch den Pitch in der großen
Runde erfährt jeder Teilnehmer kurz etwas über die eigene Tätigkeit.
Dennoch ist Mut zum persönlichen Ansprechen gewinnbringender. Zudem ist
die Mitgliedschaft sehr kostenintensiv und es gibt eine
Anwesenheitspflicht.
Online Kongress
Mit
dem Online Selbstbewusstsein Kongress habe ich es mir leicht gemacht,
denn online traue ich mich jeden anzusprechen, weil es eben nur auf
schriftlichem Wege und nicht in real passiert.
Ein Online Kongress
ist eigentlich kein Networking Event, sondern eine Gelegenheit, auf
kostenlosem Wege viele Experteninterviews und Input zu einem bestimmten
Thema zu bekommen. In diesem Fall war es "Selbstbewusstsein" - ich habe
darüber zweimal berichtet: hier und hier.
Aber mit der passenden
Facebook-Community gab es die Möglichkeit sich mit anderen Menschen
auszutauschen und das ist ja irgendwie auch immer eine Form des
Netzwerkens.
Weil die Community so sympathisch war und weil ich
natürlich auch auf meine Arbeit aufmerksam machen wollte, veranstaltete
ich auf der Facebook-Seite ein Gewinnspiel. Der Andrang war nicht groß,
aber es war eine Möglichkeit, meine Arbeit zu teilen.
Der persönliche
Gewinn durch den Kongress war natürlich deutlich größer und hat mir
auch wieder Mut zugesprochen mit dem Networking weiterzumachen.
Fazit:
Wenn man mit Anschreiben, Chatten und Posten keine Probleme und eine
Social-Media-Affinität hat, ist es eine entspannte
Austausch-Möglichkeit. Der Netzwerkfaktor ist eher gering, aber dafür
ist es kostenlos.
Lokale Business-Netzwerke
Neben
so großen Organistionen wie BNI gibt es natürlich auch unzählige kleine
Business-Netzwerke. Ihr findet sie auf Google und Facebook und es gibt
sie für unterschiedlichste Berufsrichtungen.
Vor kurzem war ich als Gast beim powerfrauen@berlin-Frühstück, mittlerweile bin ich schon Mitglied.
Das Netzwerk ist - wie der Name sagt - für Frauen, und zwar aus beratenden und kreativen Berufen.
Passt
für meinen Job also perfekt und ich war sehr angetan von der netten
Runde. Die Mitgliedschaft im Netzwerk ist kostenlos, es ist nur eine
einmalige Gebühr zu zahlen, um auf der Website aufgelistet zu werden.
Man kann aber auch als Nicht-Mitglied zu den Treffen kommen und sich
vernetzen.
Zweimal im Monat gibt es Treffen, einmal ein
Frühstückstreffen in einem Café, einmal ein Abendessen in einem
Restaurant. Es gibt keine Anwesenheitspflicht (im Gegensatz zu BNI) und
es ist sehr locker, offen und persönlich. Je nach Anzahl der Teilnehmer
beim jeweiligen Treffen hat man natürlich auch deutlich mehr Zeit, um
sich vorzustellen und von seiner Tätigkeit zu erzählen.
Und hier sind
wir auch schon beim Vorteil: durch die ausführliche Vorstellungsrunde
kommst du automatisch mit den Menschen ins Gespräch, auf sachbezogener
und privater Ebene. Sehr praktisch!
Fazit: Perfekt! Kaum
Smalltalk, dafür intensiver Austausch und nette Kontakte in der eigenen
Stadt. Zudem kostengünstig, da man nur bezahlt, was
man vor Ort isst/trinkt.
UPDATE 2019:
Die Powerfrauen@Berlin gibt es nicht mehr, dafür kann ich das kleine, feine Netzwerk "Barbara Fischer & friends" sehr empfehlen. Treffen ist einmal im Monat, Kosten betragen 10 € + das, was man vor Ort an Essen/Trinken konsumiert.
Ebenfalls gut: Business Netzwerken Berlin.
Xing-Events
Die
Welt der Xing-Events habe ich noch nicht so ganz durchleuchtet, war
aber auf ein paar wenigen. Es gibt viele Menschen auf Xing, die Events
organisieren, einfach mal nach euren Interessen oder in eurer Stadt
suchen.
In Berlin gehe ich gern zu Events im Kleinen Theater, organisiert von Vera Samusch, die dort arbeitet. Wir
können dann bei einer Hauptprobe zuschauen, zahlen nur 10 € Eintritt und
gehen anschließend gemeinsam etwas essen. Im Schnitt sind ca. 7-10
Personen dabei, leider allerdings bei gleicher Veranstaltungsart immer
wieder die gleichen. Der Networking-Effekt ist also nicht ganz so groß.
Aber sich umsehen und auf verschiedene Veranstaltungen gehen, ist eine
gute Möglichkeit. Zudem kann man so immer mal an tollen, kulturellen
Events zu einem günstigeren Eintrittspreis teilnehmen.
Fazit:
Eine gute Möglichkeit, um mit Menschen aus der gleichen Umgebung in
Kontakt zu kommen. Eigener Einsatz ist allerdings gefragt, denn es gibt
meist keine Vorstellungsrunden. Dafür hat man durch die Veranstaltung schon Gesprächsstoff. Die Kosten hängen vom jeweiligen Event
ab (Theaterbesuch, Restaurant, Bowling ...).
UPDATE 2019:
Mittlerweile habe ich keinen Xing-Account mehr, weiß also nicht, wie es aktuell mit den Events dort aussieht.
Eigene Netzwerkevents
Und
natürlich gibt es noch die Möglichkeit, selbst ein Event auf die Beine
zu stellen. Vorteil: man selbst ist der Gastgeber, spricht also in der
Regel automatisch mit jedem, der sich anmeldet. Man kennt im Vornherein
evt. schon die Namen und vielleicht auch den Beruf, hat also sofort
einen Gesprächeinstieg.
Zudem kann man den Abend so gestalten, wie es einem gefällt.
Ich habe vor 2 Jahren das Theater Meet Up gestartet, das vierteljährlich stattfindet.
Weil
ich es gut finde, wenn jeder von jedem einen Eindruck hat, starte ich
mit einer Vorstellungsrunde und gebe die Möglichkeit, bestimmte Anliegen
in großer Runde zu erzählen (Fragen, Gesuche, ...). Anschließend kann
frei untereinander genetzwerkt werden.
Zudem bitte ich auch
ausdrücklich um Flyer und Visitenkarten, auch wenn bei Theaterpädagogen
soviel Werbung nicht immer Usus ist oder manchmal die Werbematerialien
auch gar nicht vorhanden sind.
Toll finde ich, wenn sich verschiedene
Berufsgruppen anmelden und auch Leute vorbeischauen, die nicht im
Theaterbereich arbeiten.
Fazit: Sehr gute Networking-Möglichkeiten, wenn es gelingt, genügend Leute zu versammeln. Allerdings ist viel Eigeninitiative nötig.
UPDATE 2021:
Im Rahmen der Corona-Pandemie bin ich über eine selbstgegründete Facebook-Gruppe in Kontakt mit vielen Kolleg:innen aus dem DACH-Raum gekommen und veranstalte einmal monatlich einen digitalen Kollegialen Austausch per Zoom. Alle Infos hier:
https://www.facebook.com/groups/229239588473028
Das waren meine ersten Tipps, ich werde eifrig weiter Networking-Events besuchen und regelmäßig Updates posten.
Habt ihr noch Tipps? Besonders für Events in Berlin?
Foto: "Weiße Katze": https://www.facebook.com/weissekatzetheater
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