3 Dinge, die ich vom Theater für´s Leben lernte - "Mind"-Issue



Theaterspielen hat viele positive Effekte auf Körper und Geist und unser Verhalten im (Arbeits-)Alltag.
In den Jahren, die ich jetzt schon selbst auf der Bühne stehe und Theaterprojekte und -workshops leite, habe ich viele Dinge gelernt, geübt und verinnerlicht, die ich mit euch teilen will.
Im ersten Teil geht es um Kopf-"Sachen", Posts zum Thema Körper und zum Einfluss auf die Arbeit werden folgen.


1. Selbstsicherheit

Ich hatte in der Schule schon ein bißchen Theater gespielt und dort auch an ein bis zwei Theaterworkshops teilgenommen und immer wahnsinnige Angst vor Improvisationsübungen, war ich doch mit einem leichten Hang zur Perfektion und einem gewissen Sicherheitsbedürfnis gesegnet. Improvisation heißt aber, sich spontan etwas auszudenken, Mut zu haben, etwas zu wagen, dessen Ausgang man nicht kennt. Das war sehr abschreckend für mich!
Ich hielt mich bei den Übungen dezent am Rand, hoffte nicht drangenommen zu werden (oder zumindest nicht allzu oft) und kam so ganz gut durch diese wenigen Momente.
Als ich dann Jahre später meine Ausbildung machte, stand im Lehrplan ein ganzes Wochenende Improvisationstheater. Oh Gott! Wie immer hatte ich Angst davor, aber wurde im Laufe der zwei Tage Stück für Stück lockerer. Ich hatte ein Aha-Erlebnis und merkte, dass ich nicht originell sein muss, dass das banalste oft das beste ist und dass ich einfach nur ich selbst sein muss.
Im Laufe meiner Ausbildung musste ich noch sehr, sehr oft improvisieren und es fiel mir immer leichter, ja es machte sogar Spaß. Später hielt ich bei Theateraufführungen kurze Dankesreden am Schluss oder unterhielt Geburtstagsgäste mit einem eigenen Programm. Die viele Übung und die immer neuen Situationen sorgten dafür, dass ich mich sogar an ein Solo-Theaterstück wagte.

Jetzt weiß ich, dass ich alles in mir trage, was ich brauche. Egal welche Situation kommen mag: mir wird schon etwas einfallen. Und dieser Gedanke ist verdammt beruhigend.



2. Ambiguitätstoleranz

Was das ist? Eine Ungewissheits- bzw. Unsicherheitstoleranz, die Fähigkeit mehrdeutige Situationen und widersprüchliche Handlungsweisen zu ertragen, quasi das Gegenteil des Schwarz-Weiß-Denkens.
Ich merkte sehr schnell, dass diese Fähigkeit beim (Amateur-)Theater essentiell ist. Es gibt so viele Ungewissheiten am Anfang, Dinge, die noch niemand weiß oder mit Sicherheit beantworten kann. Voraussetzungen, die unvereinbar erscheinen und Charaktere, die nicht zusammenpassen, Wünsche die kollidieren.
Zudem werden Zeitpläne aufgestellt und verworfen, Mitspieler erkranken oder steigen plötzlich aus, auf der Bühne kann doch nicht gespielt werden, Kostüme gehen verloren ... Generell scheint oft die ganze Situation unberechenbar. Das erzeugt Stress, der schnell zu Ablehnung oder Panik führen kann. Doch durch diese kleinen und großen Katastrophen und auch durch absichtliches Offenhalten bestimmter Punkte wird die Ambiguitätstoleranz nach und nach immer größer.

Mittlerweile bin ich ein Fels in der Brandung und weiß, dass ich sicher bin, auch wenn gerade alles widersprüchlich erscheint.



3. Spontanität

Wie oben erwähnt, war ich früher etwas sicherheitsliebender. Ich mochte schon immer spontane Unternehmungen, aber von geplanten Aktionen abzuweichen, fiel mir schwer.
Auch hier halfen mir sowohl das Improvisationstheater (du weißt nie, was auf dich zukommt, und bist zur Spontanität gezwungen) sowie die Arbeit in Theatergruppen sehr. Bei letzterer werde ich ständig mit Situationen konfrontiert, in denen ich spontan umplanen muss.
Zur Probe sollten acht Spieler kommen, aber ich erfahre kurz vorher, dass fünf davon krank sind?
Eine Stunde vor der Aufführung merke ich, dass mein Laptopkabel zu Hause liegt?
Ein Spieler ist kurz vor Premierenbeginn noch nicht da?
Großartige Situationen, um spontan zu sein!

Ich mag diese Spontanitäts-Herausforderungen inzwischen sehr gern. Nervenkitzel-Situationen bieten immerhin Stoff zum Erzählen!



Foto aus "Weiße Katze": https://www.facebook.com/weissekatzetheater

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