"Der Sturm" - Seebühne Hiddensee

Schon immer wollte ich die Seebühne besuchen. Immer wenn ich die letzten Jahre Urlaub auf der traumhaften Ostseeinsel Hiddensee machte, kam ich an diesem kleinen Häuschen vorbei, das so liebevoll gestaltet war.
Dieses Mal war es soweit: es lief Shakespeares "Der Sturm", eine Co-Prokduktion mit dem Volkstheater Rostock. Es ist ein Ein-Mann-Stück, gespielt von Karl Huck unter der Regie von Holger Teschke. Die Flyer sind hübsch gestaltet, noch schöner die Eintrittskarten. Ich war gespannt.
Als ich ins Theater komme, merke ich: es ist kalt. Ziemlich kalt. Die Sitze sind aus Holz, ich erwische den einzigen in einer der vorderen Reihen mit einem Polster. Hurra! Es ist ein kleiner Steinbau, die Wände bemalt, mit Platz für etwa 50 Zuschauer. Klein, aber fein. Und kalt. Leider.
Als der rote Samtvorhang sich öffnet, zeigt sich ein tolles Bühnenbild. Maritime Elemente, ein Holzboot, an die Wand gelehnt, ein weiteres Boot auf einem großen Bord an der Wand, darunter hängen liebevoll gestaltete Marionetten. Ein Schreibpult mit Shakespeare-Büste vorn rechts und viel maritime Deko.
Schnell merken wir: wir befinden uns in Shakespeares Schreibstube. Die Rahmenhandlung der Inszenierung ist einfach: Will Kempe, ein von Shakespeare gefeuerter Schauspieler (er war der Falstaff, hat aber auf der Bühne zuviel improvisiert) will sich rächen und sieht sich in der Schreibstube um. Er entdeckt Shakespeares neuestes Manuskript zu "Der Sturm" und wird - zumindest laut Flyertext - von der Geschichte in den Bann gezogen.
Aber wird er das wirklich? Ich sehe diesen Bann nicht. Und leider werde auch ich nicht in den Bann gezogen. Shakespeares Sturm ist ein wunderbar poetisches Stück mit tollen Figuren. Auf der Bühne ist ein wunderbar poetisches Bühnenbild mit tollen Figuren. Leider wird beides nicht genutzt. Die Geschichte wird wirr erzählt, bestimmte Teile bekommen zuviel Aufmerksamkeit, einige Szenen ziehen sich unnötig in die Länge, ohne dass die Geschichte verständlich wird. Dem Text fehlt größtenteils Spritzigkeit und Witz, einziges Highlight ist der Schlagabtausch zwischen Caliban und Trinculo, bei dem das Timing stimmt und die Figuren in ihren Eigenheiten zur Geltung kommen.
Doch die wunderschönen Marionetten haben kaum Raum. Ihre Auftritte sind kurz und die Mechanismen, die diese Figuren besitzen, die Magie, die einen mit der richtigen Spieltechnik gefangen nehmen kann, kommt nicht zum Vorschein. Sie bleiben stumme Puppen und erwachen nicht zum Leben.  Sie fungieren als Deko.
Der Schauspieler Will Kempe, gespielt von Karl Huck, bekommt keine Tiefe, die Rachsucht wird nur durch lautes Altherrenlachen geäußert, aber reicht das? Mir nicht. Bewegungen werden nur angedeutet, Tänze nur an- und nie ausgespielt, so dass Will Kempe genauso unbeweglich wie die Marionetten bleibt.
So ist die Inszenierung trotz einer kurzen Dauer von 60 Minuten zäh, langweilig und einschläfernd. Und ärgerlich, wenn man das Stück kennt und den Aufwand, der in die liebevolle Gestaltung von Kostümen, Bühnenbild und Puppen geflossen ist, bedenkt. In diesem Fall leider eine Materialverschwendung.

Infos zum Stück hier.

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