Fehler, die ich in der Teamleitung gemacht habe: #5 Fehlendes Engagement



Vor kurzem startete ich eine Reihe über meine fünf größten Fehler in der Teamleitung, heute ist der letzte große Fehler, Nummer 5, an der Reihe:

#5 Fehlendes Engagement


Theaterpädagogik lebt – wie Pädagogik allgemein – von der Partizipation derjenigen, mit denen man arbeitet, denen man etwas beibringen will.
In der Theaterpädagogik werden die Spieler intensiv in den Entstehungsprozess involviert, sie machen quasi die Arbeit selbst, übernehmen Aufgaben, Entscheidungen, haben eigene Ideen.

Diesen Gedanken hatte ich durch die Ausbildung extrem stark verinnerlicht. Ich hatte gelernt, die Spieler machen zu lassen und die Gruppe "sich selbst entwickeln zu lassen".
Zumindest dachte ich, dass es so passiert.

Die schon erwähnte Ablehnung und zu viel Distanz führten aber mit der Zeit dazu, dass ich mich immer weniger in den Gruppenprozess und vor allen Dingen in das Endprodukt einbrachte.
Wenn die Spieler andere Vorstellungen als ich hatten, gab ich schnell nach und dachte, dass SIE ja auf der Bühne stehen müssen, nicht ich. Und somit ließ ich sie in vielen Fällen oft einfach machen. Ich scheute Auseinandersetzungen und Diskussionen und entwickelte somit immer weniger Engagement.
Mir wurde die Aufführung egaler.

Diese Entwicklung war fatal. Gar nicht mal so sehr für die Gruppe, sondern vor allen Dingen für mich selbst und meine Freude an der Arbeit. Das, was ich an meinem Job liebe, ist der Schaffungsprozess, das Inszenieren.
Ich kreiere gern lebendige Bilder, mit Bewegung, Stimme, Kostüm und Maske. Ich liebe es, wenn das Gesamtbild in sich stimmig ist, wenn alles passt. Ich freue mich, wenn jemand über sich hinauswächst, wenn er auf der Bühne agiert wie er es zuvor noch nie getan hat. Wenn er ein Kostüm trägt, das er sich sonst nie trauen würde zu tragen. Wenn er bedeutende Sätze sagt ohne sich zu schämen.

All das ging mir durch mein fehlendes Engagement verloren. Nach einer inneren kleinen Krise erkämpfte ich mir dieses Engagement wieder.
Ich wusste: meine Arbeit funktioniert nicht, wenn mir das Ergebnis egal ist. In jedem Projekt muss der Projektleiter eine Vorstellung vom Ergebnis haben.
Das heißt nicht, dass sich diese Vorstellung mit der Zeit nicht verändern kann – das passiert bei mir ständig –, aber es muss immer eine Vorstellung da sein.

Heute kann ich mit den Ideen meiner Spieler spielen. Ich bin gespannt, für welche Stücke sie sich entscheiden, und lasse mich auf ihre Ideen ein. Diskussionen werden nicht mehr gescheut, aber ich bemühe mich, sie nicht ausufern zu lassen – zum Wohl aller.
Meine Spieler treffen stets den Löwenanteil der Entscheidungen und bestimmen den roten Faden der Inszenierung. Im Gruppendrang-Kurs noch stärker als z.B. bei den Vorspielern. Das müssen sie auch, ist es doch ihr Projekt.
Ich halte die Fäden zusammen, suche nach Logik-Fehlern und bin mit meinem Theatererfahrungsschatz dabei. Und ich bringe Ideen ein. Manchmal werden sie begeistert übernommen, manchmal entstetzt abgelehnt.
Das macht nichts. Denn das wichtigste ist: ich habe wieder Spaß am Inszenieren.

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