Authentizität - Blogreihe #wertekatalog

Es ist Value-Friday und es geht weiter mit der Blogreihe #wertekatalog,

Der sechsundsechzigste Wert ist:


AUTHENTIZITÄT

Wikipedia sagt:

Authentizität (von gr. αὐθεντικός authentikós „echt“; spätlateinisch authenticus „verbürgt, zuverlässig“) bedeutet Echtheit im Sinne von „als Original befunden“. Das Adjektiv zu Authentizität heißt authentisch.[...] Authentizität bezeichnet eine kritische Qualität von Wahrnehmungsinhalten (Gegenständen oder Menschen, Ereignissen oder menschliches Handeln), die den Gegensatz von Schein und Sein als Möglichkeit zu Täuschung und Fälschung voraussetzt. Als authentisch gilt ein solcher Inhalt, wenn beide Aspekte der Wahrnehmung, unmittelbarer Schein und eigentliches Sein, in Übereinstimmung befunden werden.(https://de.wikipedia.org/wiki/Authentizität)


Heute mal ein Wert, der in Gesprächen immer gern zitiert wird. Schnell wird etwas oder jemand als authentisch oder unauthentisch betitelt. Manchmal vielleicht zu schnell?

Authentizität beschreibt in erster Linie, ob wir Schein und Sein als kongruent wahrnehmen.
Auf Menschen bezogen: wenn das äußere Verhalten zur inneren Einstellung passt. Und das ist gar nicht so oft der Fall.
Um authentisch zu sein, müssen wir mehrere Kriterien erfüllen:
  • uns unserer eigenen Stärken und Schwächen bewusst sein
  • ehrlich mit uns selbst sein und auch unangenehme Rückmeldungen akzeptieren
  • konsequent nach unseren eigenen Werten handeln (auch zu unserem eigenen Nachteil)
  • die Bereitschaft haben, negative Seiten nicht zu verleugnen (Stichwort Aufrichtigkeit)




Gar keine so leichte Aufgabe, dieses Authentisch-Sein. Dennoch kriegen wir es erstaunlich oft hin.
Das beruhigende ist: ein authentischer Mensch ist nicht automatisch ein besserer Mensch. Er ist nicht automatisch beliebt oder sympathisch oder erfolgreich oder beeindruckend. Er IST einfach.

Authentizität bedeutet runtergebrochen einfach SEIN. Die eigenen Gefühle wahrnehmen und annehmen. Sie je nach Impuls nach außen tragen oder auch nicht. Sich seiner eigenen Wertvorstellungen und Prinzipien klar zu sein und diese zu vertreten.

Zu Unrecht wird der Begriff "Theater" oft missbraucht, wenn etwas als unauthentisch beschrieben wird.
Theater ist für viele der Inbegriff des Falschen, der Schein entspricht nicht dem Sein. In Redewendungen wird das besonders deutlich. Gefällt uns nicht, wie ein Mensch sich verhält, reden wir gern davon, dass er eine "Maske" trägt, er ist dann "ein guter Schauspieler". Übertreibt jemand in seiner Reaktion, wird er mit "Mach nicht so ein Theater!" ermahnt.

Aber ist Theater wirklich unauthentisch? Ich denke nicht.
Im Theater stehen Menschen auf einer Bühne und spielen anderen Menschen, die ihnen zuschauen, etwas vor. Man könnte meinen, dieser Fakt allein sei ein Zeichen für Unauthentizität. Sie spielen ja nur, sie sind es ja nicht.
Doch so wie wir uns selbst als Mensch betrachten, müssen wir auch die Figur, die ein Schauspieler verkörpert, als einen Menschen sehen.
Die Rolle, die ein Schauspieler spielt, ist ein Charakter für sich. Dieser Charakter hat seinen eigenen Wertekatalog. Erfüllt diese Rolle in ihrem Handeln den eigenen Wertekatalog, ist sie authentisch.
Der Schauspieler mag ganz andere Werte haben, aber in diesem Moment ist seine Aufgabe, eine andere Person darzustellen, nicht sich selbst.
Interessant ist dabei, dass die Rolle natürlich Elemente des Schauspielers besitzt, mindestens mal den Körper und das damit verbunde Aussehen sowie die Stimme.
Das macht es für uns Zuschauer so schwer, zwischen Rolle und Spieler zu trennen. Je stärker der Kontrast zwischen beiden ist, desto leichter fällt uns eine differenzierte Betrachtung.

Da die Rolle über die Authentizität entscheidet, gibt es im Theater auf der Bühne authentische und unauthentische Charaktere. Verhält sich jemand nicht entsprechend der Werte, die er zu vertreten behauptet, erscheint er unglaubwürdig und somit unauthentisch. Ein gutes Beispiel dafür ist Franz Moor aus Schillers "Die Räuber".
Verhält sich jemand sehr klar seinen Werten entsprechend, ist er für uns authentisch, wie beispielsweise Howard Roark aus Ayn Rands "The Fountainhead".


Theater ist immer ein Vergrößerungsspiegel unserer eigenen Welt. Die Reaktionen sind stärker, die Emotionen größer, die Stärken stärker und die Schwächen schwächer. Und es ist – wenn es gut inszeniert ist – auch immer authentisch.

Theaterrollen können ein Vorbild für Authentizität sein. Das Theaterspielen hilft uns aktiv dabei, selbst authentischer zu werden.

Deshalb kommt heut zum Schluss auch mal wieder ein Theatermensch zu Wort – Oscar Wilde:

Foto: "Meister und Margarita", Theatergruppe Vorspiel: https://www.facebook.com/TheatergruppeVorspiel/

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