"Capitalista, Baby!" - Deutsches Theater Berlin


























Drei Dinge habe ich beim Schauen dieser Inszenierung zum ersten Mal erlebt:

1. Den ungeheuren Drang, bei jedem zweiten Satz aufzuspringen und "Jawohl, so ist es!" zu brüllen!

2. Beim Schlussmonolog vor Freude, Aufregung, Zustimmung und Anspannung zu zittern.

3. Nach dem Stück zu denken "Das war´s. Eigentlich braucht es kein weiteres Theaterstück mehr auf dieser Welt. Mit diesem ist alles wichtige gesagt."


"Capitalista, Baby!" klingt cool. Klingt nach Glamour und Glanz, aber auch nach einer Erfrischung zwischen den vielen Stücken, die sich mit Leid, Unglück und Schwäche beschäftigen.
Das Stück basiert auf dem Roman "The Fountainhead" von Ayn Rand.
Ayn Rand war eine russisch-amerikanische Bestseller-Autorin und Vertreterin des "Objektivismus", einer Philosophie, die das Selbstinteresse in den Mittelpunkt des moralischen Handelns stellt. Gleichzeitig war sie Atheistin (was mir natürlich immer sympathisch ist ;) ). Die Meinungen zu Ayn Rand sind gespalten, sie hat Verehrer und Hasser, dennoch gehört sie zu den einflussreichsten politischen Autoren des 20. Jahrhunderts.
Ihr Buch "The Fountainhead" (deutscher Titel: "Der ewige Quell") kam 1943 raus. Es geht um den jungen begabten Architekturstudenten Howard Roark, der seine Arbeit liebt. Die Motivation für seine Arbeit erlangt er aus sich selbst heraus, er begreift sich als Schöpfer. Nach dem Abbruch seines Studiums (er wird exmatrikuliert) arbeitet er für einen sehr guten, aber erfolglosen Architekten bis dieser pleite geht.
Sein Gegenbild ist sein Kommilitone Peter Keating, ein unsicherer, intriganter und leider unbegabter Charakter. Dieser bittet Howard um heimliche Mithilfe bei Entwürfen und heimst dafür selbst Erfolge ein, was Howard akzeptiert, da er ohnehin nicht mit diesen Kompromiss-Entwürfen in Verbindung gebracht werden möchte. Er gründet ein eigenes Architektur-Büro, doch auch dieses scheitert. Also fängt er an, in einem Steinbruch zu arbeiten. Dort lernt er die junge Journalistin Dominique Francon gehen und mit dem Einfluss der Medien nimmt alles einen ganz neuen Lauf ...

Die Geschichte ist pathetisch, aber mitreißend, und die Schauspieler ebenso, allen voran Daniel Hoevels als Howard Roark und Matthias Neukirch als Ellsworth Toohey bzw. der Teufel in Person. Ärgerlich ist leider Michael Schweighöfer als Gail Wynand. Er wirkt desinteressiert an seiner Rolle, vergisst mehrmals den Text, die Souffleuse ist bei ihm im Dauereinsatz. Als seine Figur endlich stirbt, verspüre ich Erleichterung.
Ein riesiges goldenes Dollarzeichen fungiert als Bühnenbild und wenn es sich dreht, offenbart es mehrere Räume, u.a. das Zimmer von Dominique.
Dieses Dollarzeichen ist eindrucksvoll und wird großartig bespielt, doch sowohl das Dollarzeichen als auch der Titel widersprechen der Botschaft des Romans. Denn es geht eben NICHT um Geld als Anreiz, sondern um die schöpferische Kraft und die Eigenverantwortung sowie das persönliche Glück des einzelnen Menschen.
Am Schluss des Stücks schmettert Howard Roark dem Publikum diese Botschaft in einem langen, langen Monolog entgegen. Ein eindringlicher, polarisierender Monolog, der mich komplett flasht und mehrmals "Ja, genau!" murmeln lässt.

Am nächsten Tag lese ich mir andere Kritiken im Internet durch und meine Euphorie erhält einen Dämpfer. Es sei alles nur ironisch gemeint, schreiben die Kritiker. Ironisierendes Schauspiel, ironische Botschaften.
Wirklich?
Für mich war und ist es das nicht. Für mich war dieser Abend eine Welle der Zustimmung einer heroischen Romanfigur gegenüber. Er war für mich etwas ganz besonderes.

Foto: Arno Declair
Bildquelle: http://www.deutschestheater.de

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